irc-parodie... (und: ohne scheiss... ich erkenn mich wieder... :) ) |
09.04.07 - 22:40:20 von lordoberon |
Quelle: http://helios-matrix.net/IRCMan/
Zwischen Kicken und Oppen Vom IRCer in seiner natürlichen Umgebung
Fernab der dicht besiedelten Favelas von AOL, jenseits der Touristenzentren von Yahoo fristet der IRCer sein Dasein in geheimnisvollen, für den Normal-User kaum einsehbaren Reservaten.
Der IRCer ernährt sich hauptsächlich von Sozialkontakten und geistreichen Bemerkungen oder, je nach Alter und Geschlecht, auch von Beavis-and-Butthead-Lau-ten und Mann-deine-Eltern-sind-ja-krass-Ausrufen der Peergroup. Auffällig ist zunächst, dass er den Komfort liebt und ihn jederzeit dem bunten Glitter und Tand des Web-Chats vorzieht. Nutzer, die mit Comic-Chat-Clients den Weg in den IRC finden und sich durch ein #appears as Hasenpuschel verraten, werden sofort als Feind identifiziert und mit rüden Worten verjagt: "Besorg dir erst mal nen anständigen Client." Denn obgleich die meisten IRCer friedfertige Wesen sind, legen sie doch eine gewisse Strenge gegenüber den unnützen Auswüchsen anderer Echtzeitkommunikations-formen an den Tag. |
0 KByte-Logfile: Der Newbie
Das unterste Glied in der Nahrungskette ist sicherlich der Newbie. Dieses possierliche Geschöpf tut gerade seine ersten Schritte im IRC und stakst auf der Suche nach einer Heimat recht wackelig durchs Gelände. Seine Ausdrucksfähigkeiten sind noch stark begrenzt: "Hallo! Halloooooo!!!! Jemand daaaaa!!!? Will jemand chatten??" Es kann ein IRC-Netz nicht vom anderen unterscheiden und ist schon mit einem einfachen /me-Befehl überfordert. Überhaupt geht ihm alles zu schnell, und während es noch langsam und fehlerhaft seine Beschwerden darüber ("macht dohc mal langsam ! ichkomm ja ganricht mit!") formuliert, sind die anderen längst drei Themen weiter. In der Regel ist IRC für den Newbie der erste Ausflug in eine Welt jenseits des vorinstallierten Standard-Browsers. Als Folge der Alt-F4-Scherze, mit denen man ihm anfangs sein enthusiastisches Troutslapping vergilt, vermutet er bald hinter jedem Net-split eine persönlich gegen ihn gerichtete Boshaftigkeit oder den Verfassungsschutz. Häufig glaubt er, dass jeder seine Querries mitlesen kann, ganz sicher aber der IRCop. Nur mit Mühe kann man ihn davon überzeugen, dass er nicht einem unterdrückerischen Regime von Netzfaschisten zum Opfer gefallen ist, wenn seine freenet-Verbindung abbricht. Wird er dagegen gekickt, denkt er sich nichts dabei und kehrt (gerne mit auto-rejoin) in den Channel zurück, um unbeirrt weiter zu nerven, ah sei nichts geschehen. Seine Paranoia wird unter stützt durch die Tatsache, dass jedermann ihn sofort wiedererkennt - auch wenn er den Channel verlässt, um unter dem Namen "Fiekmich" wieder reinzukommen - weil er folgsam überall Name, E-Mail- und Postadresse eingetragen hat. FAQs und die Auseinandersetzung mit Technik sind ihm fremd, von /whois hat er noch nie gehört. Das hindert ihn allerdings nicht daran, schon nach wenigen Minuten um Ops zu betteln. Überlebt allerdings der Newbie die gefährlichen ersten Tage im IRC ohne größeres emotionales Trauma, wird er alsbald flügge. Binnen weniger Tage und ohne große Übergangsphase stellt er seinen anfänglichen Gesang: Wie, das ist es also jetzt? Das findet ihr alles so toll? Gähn! ein. Jetzt beginnt seine Entwicklung zum ausgewachsenen Süchtigen.
2 MByte Logfiles pro Monat: Der Süchtige
Der Süchtige hat seinen Platz im IRC gefunden. Die Belegschaft seiner Stamm-Channel kennt ihn, er kennt sie und man begrüßt sich bei jedem Join schwanzwedelnd (sofortiges, mehrfaches Oppen) und unter Aufwendung erheblicher sozialer Interaktion und sprachlicher Verbrechen: Sabse: Hiiiii Loitsüü flupsi: Sabsiiiü! *knuddlfroi* 0nko: Sabse! Gerade hab ich an dich gedacht! Wie gehts deinem Zeh?
Eine Gleichsetzung des Stamm-Channels mit dem eigenen Wohnzimmer ist in diesem Stadium ebenso weit verbreitet wie das schlechte Abschneiden der Kohlenstoff-Community im Direktvergleich mit der IRC-Ge-meinschaft. Konsequenterweise transportiert der Süchtige seine IRC-Er-fahrungen ins richtige Leben, so gut es geht. In seinem Handy sind die Nummern von Pornoigel, L33TY und Doomdog gespeichert. Die Vornamen seiner besten Freunde fallen ihm erst nach einigem Nachdenken ein, ihre Nachnamen hat er nie gehört. Auch die Paarungsrituale des Süchtigen können mit etwas Geduld online verfolgt werden. Wenn das Männchen im Channel sein Gefieder spreizt, entlockt das dem Weibchen schon mal ein *totalfreu*. Stellt sich die so gefügte Paarung als nicht von Dauer heraus, wird online gestritten und geschmollt, und der ganze Channel leidet mit. Verläuft die Paarung dagegen erfolgreich, lassen die beiden ihre Hochzeit per Live-Stream ins Internet übertragen, damit alle Freunde teilnehmen können. Danach werden sie aber nur noch selten im IRC gesehen. Es sei denn, sie haben zu Hause mehrere Rechner laufen, an denen sie online diskutieren, wer sich jetzt /away melden muss, um den Kindern Essen zu machen. Die meisten IRC-Nutzer haben mit dem Heranwachsen zum Süchtigen ihr Potenzial bereits ausgeschöpft. Ist dem Nutzer allerdings eine gewisse Coolness angeboren und verfügt er darüber hinaus über genügend IRC-Jahre und Unix-Wissen, kann er zur Lichtgestalt des IRC werden: dem Profi.
5 MByte Logfiles pro TAG: Der Profi
Die einsilbige Quitmessage des Profis bekommt man nur selten zu sehen, denn er loggt sich bestenfalls dann aus, wenn der Rechner brennt. Wenn das geschieht, rennt er ins nächste In-ternet-Cafe, um sich von dort am stets mitlaufenden Shell-Client einzuloggen. Der Profi ist ausgesprochen sesshaft und bewohnt meist schon seit vielen Jahren die gleichen Stamm-Channels. Ob er tatsächlich anwesend ist oder nicht, erkennt man erst nach vielen Stunden geduldiger Beobachtung, denn er meldet sich lediglich zu Wort, wenn es unbedingt sein muss. Dann sagt er hm hmm oder lässt sich bei Bedarf dazu herab, einen nervenden User mit drei Worten zu Kleinholz zu flamen; seine zwei Tippfehler pro Jahr korrigiert er mit Regulär Expressions. Umlaute benutzt er nie. Nicht weil das nicht ginge - nein, er zeigt damit, dass er aus einem Land vor unserer Zeit stammt. Seine Freunde begrüßt er etwa dreißig Minuten nach deren Join mit einem grimmigen *grunz* oder einem unterkühlten ficken. Wenige Auserwählte opt er gelegentlich, wenn auch widerwillig. Er kennt alle IRCops persönlich, würde aber nie auf die Idee kommen, einen von ihnen bei Problemen um Hilfe zu bitten. Während der Süchtige seinen Urlaubsort nach der Verfügbarkeit von Internet-Cafes auswählt, muss sich der Profi um dergleichen nicht kümmern: sein Client loggt sowieso weiter. Manch einer soll sich schon jahrelang von einem fähigen Bot vertreten lassen haben, ohne dass es weiter aufgefallen wäre. Wenn seine biologische Hardware dereinst versagt, wird man es erst bemerken, wenn er im Query nicht mehr auf Anfragen zu Feinheiten seiner bevorzugten Programmiersprache reagiert. Seine Grabinschrift lautet: "lordoberon has quit RL (Leaving)" |
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